a

Kanzlei Mauss & Mauss
Werner-Haas-Straße 2
86153 Augsburg

Tel: 0821 71007969
Fax: 0821 71007960

Rechtsberatung: recht@kanzleimauss.de
Steuerberatung: steuer@kanzleimauss.de

Öffnungszeiten:
Mo.-Fr. 8:00 – 12:30 Uhr
Mo., Di., Do. 14:00 – 17:00 Uhr

 

Copyright 2020 Kanzlei Mauss.
Alle Rechte vorbehalten.

0821 71007969

während unserer Bürozeiten

Instagram

Facebook

Suche
Info

Zwangsräumung: Welche Rechte haben Mieter und Vermieter?

Welche Rechte haben Mieter und Vermieter?

Die Zwangsräumung einer Mietwohnung ist ein Albtraum. Nicht nur für Mieter, sondern auch für Vermieter. Eine Zwangsräumung stellt den letzten Schritt dar, wenn eine Kündigung des Mietvertrags nicht einvernehmlich vonstattengeht. Beide Parteien ­– Mieter und Vermieter – haben Rechte und Pflichten, die auch bei einer Zwangsräumung zum Tragen kommen. In diesem Beitrag erklären wir die Voraussetzungen, den Ablauf und die Kosten einer Zwangsräumung.

1. Was versteht man unter einer Zwangsräumung?

Was ist eine Zwangsräumung?

Unsplash: @ Adi Goldstein

Die Zwangsräumung ist eine Maßnahme, die im Zuge der sogenannten Zwangsvollstreckung als rechtliches Mittel ergriffen wird, um Mieter zur Räumung einer Immobilie zu zwingen. Die Grundsituation: Der Mieter einer Wohnung wurde gekündigt und verlässt dennoch die Immobilie nicht. Der Vermieter hat bereits eine Räumungsklage erhoben. Trotz des damit erwirkten Räumungstitels zieht der Mieter nicht aus.

Dann kann die Zwangsräumung als letzter Schritt einer Räumungsklage vollstreckt werden. Mit der Zwangsräumung wird die Pflicht des Mieters zur Räumung bzw. Herausgabe mit den Machtmitteln des Staates durchgesetzt. Eine Zwangsräumung setzt eine wirksame Beendigung eines Mietverhältnisses, etwa durch die Kündigung, voraus (§ 546 BGB). Der Mieter muss allen Besitz und alle Einrichtungsgegenstände vom Grundstück oder aus den Räumen der Immobilie entfernen und dem Vermieter die Schlüssel zurückgeben.

Ist der Mieter dazu nicht freiwillig bereit, wird die Zwangsräumung vollstreckt. Alle beweglichen Dinge werden aus dem Mietobjekt entfernt und dem Schuldner übergeben. Ist dies nicht möglich, werden die Gegenstände in einer Pfandkammer untergebracht. Die Kosten dafür werden dem Schuldner auferlegt.

2. Was sind die Voraussetzungen für eine Zwangsräumung?

Um eine Zwangsräumung durchsetzen zu können, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. In jedem Fall hat zuvor die Kündigung des Mietverhältnisses zu erfolgen, sowohl im Privat- als auch im gewerblichen Bereich. Da im Weiteren hauptsächlich auf die Zwangsräumung im Privatbereich eingegangen werden wird, weisen wir auf die Besonderheiten im Gewerbemietrecht gleich zu Beginn hin:

Zur Info: Eine Kündigung gewerblicher Mietverträge kann ohne Grund ausgesprochen werden. Dennoch muss die Kündigung rechtskräftig sein, um eine Zwangsvollstreckung erwirken zu können. Hat ein Gewerbemieter bereits ein Insolvenzverfahren eröffnet, kann der Vermieter ihm nicht mehr wegen eines Verzugs der Mietzahlungen, die in der Zeit vor der Insolvenzeröffnung eingetreten ist, oder wegen einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners kündigen.

Im Gewerberecht kann der Vermieter zusammen mit der Räumungsklage auch weitere Ansprüche (Miete, Schadensersatz) geltend machen. Vermietern stehen im Gewerbemietrecht sehr viel früher die Wege zur Zwangsräumung offen. Wird eine sogenannte Zwangsvollstreckungsunterwerfung vereinbart, erhält der Vermieter sofort den Räumungstitel und kann die Mietsache auch ohne Gerichtsprozess räumen lassen. Die Urkunde muss von einem Notar ausgestellt werden.

Wurde der Mieter unberechtigt gekündigt, muss er die Mieträume nicht räumen und kann den Ausgang des Rechtsstreits abwarten. Für die Räumungsklage ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich die Mieträume befinden. Bei Landgerichten besteht Anwaltszwang. Wird auf Zwangsräumung entschieden, besteht im Gewerberecht keine zugunsten des Mieters zu gewährende Räumungsfrist.

Grundvoraussetzung für eine spätere Zwangsräumung ist eine ordnungsgemäße Kündigung des Mietverhältnisses. Im Privatmietrecht muss die Kündigung für den Mieter nachvollziehbar begründet werden. In jedem Fall hat die Kündigung schriftlich und fristgemäß zu erfolgen. Welche Fristen gelten, häng vom Grund für die Kündigung ab. Sollte der Mieter seine Pflichten vernachlässigt haben, muss zunächst eine Abmahnung erfolgen, dann kann dem Mieter (auch fristlos) gekündigt werden. Möglich ist auch eine Eigenbedarfskündigung.

Eine fristlose Kündigung ist nur bei erheblichen Vertragsverletzungen möglich. Nach § 543 BGB sind folgende Gründe anzuführen:

      • Zahlungsverzug des Mieters.
      • Der Mieter zahlt Miete ständig zu spät.
      • Der Mieter beschädigt die Mietsache mutwillig in massiver Art und Weise oder vernachlässigt diese.
      • Der Mieter stört den Hausfrieden, wurde bereits abgemahnt und ändert sein Verhalten nicht.
      • Der Mieter hat keine Zustimmung zur Untervermietung erhalten, lässt aber dennoch Dritte dauerhaft bei sich wohnen.
      • Der Mieter nutzt die Wohnung anders, als erlaubt (Geschäft in einer Wohnung).

Achtung: Selbst bei einer fristlosen Kündigung muss dem Mieter eine angemessene Frist gesetzt werden, in welcher er die Wohnung räumen kann. In der Regel beträgt diese Frist 2 Wochen. Dem Vermieter steht allerdings für diese Räumungsfrist eine Nutzungsentschädigung zu.

Hat der Vermieter dem Mieter ordnungsgemäß gekündigt und verlässt der Mieter in der angegebenen Frist die Wohnung nicht, folgt ein Räumungsprozess. In diesem erwirkt der Vermieter den sogenannten Räumungstitel, wenn das Gericht die Kündigung durch den Vermieter als berechtigt ansieht. Der Räumungstitel steht an letzter Stelle eines (bis dahin) erfolglosen Räumungsprozesses.

Die Voraussetzungen in Kürze:

      • der Vermieter kündigt dem Mieter ordnungsgemäß
      • der Mieter räumt die Wohnung in der festgesetzten Frist nicht
      • vor Gericht wird nun ein Räumungsprozess begonnen
      • in diesem erwirkt der Vermieter den Räumungstitel
      • sind diese Schritte vollzogen worden, darf zwangsgeräumt werden

3. Der Ablauf einer Zwangsräumung

Wie läuft eine Zwangsräumung ab?

Unsplash: @ Saul Bucio

Sobald der Vermieter durch den Gerichtsprozess einen Räumungstitel erwirkt hat, kann er einen Gerichtsvollzieher mit der Räumung der Wohnung/der Mietsache beauftragen. Ohne einen beauftragten Gerichtsvollzieher darf ein Vermieter keine Räumung durchführen. Für die Räumung wird eine vollstreckbare Ausführung des Räumungstitels benötigt. Damit ist eine Kopie des Urteils gemeint, welche einen amtlichen Stempel trägt.

Hier ist zu lesen „vorstehende Ausfertigung wird dem Kläger zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt“. Der Vermieter erhält diese Ausführung des Schriftstücks auf Antrag.

Hält der Vermieter alle notwendigen Dokumente in der Hand, setzt er dem Mieter nochmals eine Frist. Der Mieter kann nun binnen der nächsten 3 Wochen freiwillig ausziehen. Ist auch diese Fristsetzung fruchtlos, kommt es zur Zwangsräumung durch einen Gerichtsvollzieher. Der Gerichtsvollzieher beauftragt eine Spedition oder ein Umzugsunternehmen. Die Wohnung wird geräumt und die Schlüssel werden dem Vermieter zurückgegeben. Nun werden die Schlösser der Mietsache ausgetauscht.

  1. Der Vermieter erhält vor Gericht einen Räumungstitel.
  2. Der Vermieter erhält auf Antrag eine vollstreckbare Ausführung des Räumungstitels (Kopie des Urteils mit amtlichem Stempel).
  3. Der Vermieter setzt dem Mieter eine letzte Frist (3 Wochen).
  4. Der Vermieter beauftragt einen Gerichtsvollzieher mit der Räumung der Wohnung.
  5. Der Gerichtsvollzieher beauftragt ein Umzugsunternehmen und lässt die Wohnung räumen.
  6. Am Ende werden die Schlösser der Mietsache ausgetauscht.

Vermieter benötigen für eine Zwangsräumung immer einen Gerichtsvollzieher.

Es ist Vermietern untersagt, die Wohnung selbst zu räumen, oder die Schlösser eigenmächtig auszutauschen. Weiter dürfen Strom und Wasser im Mietobjekt nicht abgestellt werden. Vermieter dürfen eventuell hinterlassene Gegenstände des Mieters nicht verkaufen und haben die Pflicht, diese sicher aufzubewahren.

4. Wie lange dauert eine Zwangsräumung?

Wie lange dauert eine Zwangsräumung?

Unsplash: @ Maria Ziegler

Wie viel Zeit bleibt den Mietern bzw. müssen Vermieter einberechnen, wenn absehbar wird, dass eine gütliche Freigabe des Mietobjekts unwahrscheinlich ist? Eine Zwangsräumung kann mitunter ein langwieriges Verfahren sein. In jedem Fall ist von einer mehrmonatigen Dauer (4-6) Monate auszugehen. Allerdings kann sich eine Zwangsräumung in Härtefällen bis zu 2 Jahren hinziehen.

Der Vermieter hat ordnungsgemäß gekündigt, die Kündigungsfrist ist verstrichen und die Räumungsklage wurde zugunsten des Vermieters entschieden. Während die Räumungsklage läuft, kann der Mieter noch einen Antrag auf eine Räumungsfrist stellen. Dies ist bis zum Ende der mündlichen Verhandlung möglich. Die Räumungsfrist soll der Wohnungssuche dienen, und vermeiden, dass der Mieter in die Obdachlosigkeit gerät. Nach Ablauf der Frist führt der Gerichtsvollzieher die Räumung durch. Vor diesem Termin bleiben dem Mieter nochmals 3 Wochen, die er für einen freiwilligen Auszug nutzen kann.

Bedenken Sie, dass zwischen jedem der notwendigen Schritte Wochen bzw. Monate liegen können:

      • ordnungsgemäße Kündigung mit Kündigungsfrist
      • Der Vermieter erhebt Räumungsklage. Dagegen kann der Mieter Einspruch erheben.
      • Das Gericht muss den Sachverhalt prüfen. Je nach Auslastung wirkt sich dies auch auf die Termine der Verhandlung aus. Erhebt der Mieter Einspruch, muss auch dieser ordnungsgemäß überprüft werden.
      • Die Fristen können in Härtefällen verlängert werden.

5. Wer trägt die Kosten für eine Zwangsräumung?

Wer trägt die Kosten einer Zwangsräumung?

Unsplash: @ Alexander Mils

Zunächst sind die Kosten einer Zwangsräumung vom Vermieter zu tragen, der hier auch als Auftraggeber angesehen werden kann. Er muss den Gerichtsvollzieher bezahlen. Später werden dann die entstandenen Kosten dem (ehemaligen) Mieter in Rechnung gestellt. Womöglich könnte ein Mieter, der nicht im Guten das Mietobjekt verlassen hat, sich auch mit der Zahlung dieser Kosten Zeit lassen.

Kosten der Zwangsräumung für den Vermieter:

Es ist sehr gut nachzuvollziehen, dass ein Vermieter sich über einen Mieter, der nicht auszieht, ärgert. Selbst wenn der Vermieter am Ende einer erfolgreichen Zwangsräumung die entstandenen Kosten ersetzt bekommt, muss er doch bei einigen Punkten in Vorleistung gehen. Viele der Posten, die Sie im nächsten Unterpunkt auf der Seite des Mieters lesen, gehen zunächst zulasten des Vermieters:

        • Kosten für den Gerichtsvollzieher
        • Kosten für den Rechtsanwalt
        • Kosten für ein Umzugs- oder Entrümpelungsunternehmen.

Diese Summe, die sich aus diesen Punkten ergibt, wird als Kostenvorschuss an den Gerichtsvollzieher gezahlt. Sollte nach Beendigung der Zwangsräumung klar werden, dass diese teurer war, als der geleistete Vorschuss, muss der Vermieter nachzahlen.

        • Kosten für die Einlagerung der Besitztümer

Bei einer 2-Zimmer-Wohnung geht man von ca. 3000 € Kosten für die oben genannten Punkte aus. Je nach Region und je nach Größe der Immobilie ist hier nach oben (fast) keine Grenze gesetzt. Seine Besitztümer soll und darf der Mieter aus der Wohnung entfernen. Dafür wird ihm eine Frist eingeräumt. Tut er das nicht, was regelmäßig der Fall ist, müssen seine Besitztümer eingelagert werden. Für die Lagerungskosten kommen je nach Menge der einzulagernden Dinge nochmals mehrere hundert Euro monatlicher Kosten auf den Vermieter zu, die er vorstrecken muss.

Kosten bei einer Zwangsräumung für den Mieter:

Natürlich muss ein Mieter bis zur Räumung der Wohnung nach wie vor seine Miete zahlen. Rein rechtlich kann diese nach einer wirksam ausgesprochenen Kündigung sogar höher ausfallen. Nach dem beendeten Vertrag wird die Miete nicht mehr Miete, sondern „Nutzungsentschädigung“ genannt. Der Mieter muss den Vermieter entschädigen, weil dieser sein Mietobjekt nicht vermieten kann. Ist der Mietzins ortsüblich höher als die ursprüngliche Miete, kann die zu zahlenden Entschädigung die Miete sogar übertreffen.

Der Mieter muss zudem folgende Posten übernehmen:

      • eigene Anwaltskosten
      • Gerichtskosten
      • Kosten für den Anwalt des Vermieters
      • unter Umständen Kosten für einen Gutachter
      • die Beträge, die durch den Einsatz des Gerichtsvollziehers entstehen (Schlüsseldienst, Umzugsunternehmen, Lagerkosten etc.)

6. Sonderformen der Zwangsräumung

Sonderformen der Zwangsräumung

Unsplash: @ Andre Taissin

Und wo kann man sich als Vermieter Kosten sparen? Durch alternative Formen der Räumung kann man die Kosten in rechtlich einwandfreier Weise verringern. Hier haben sich die sogenannte Berliner, die Frankfurter oder auch die Hamburger Räumung etabliert. Diese Sonderformen kommen recht häufig zum Einsatz, da sie Kosten und Mühe sparen können.

Berliner Räumung:

Die sogenannte Berliner Räumung wird in der Praxis am häufigsten genutzt, da zunächst nicht die Wohnung nicht oder nicht komplett geräumt wird, was die Kosten verringert. Rechtsgrundlage für diese Sonderform der Räumung ist § 885a der Zivilprozessordnung. Seit dem 1. Mai 2013 kann der Vermieter somit nur einen Teil der Räumung durch den Gerichtsvollzieher durchsetzen lassen, nämlich die Herausgabe der Mietsache. Darüber wird der Mieter in Kenntnis gesetzt und es wird ihm der Termin mitgeteilt, an welchem der Gerichtsvollzieher vor der Tür stehen wird.

Der Vermieter kann nun im Rahmen von § 562 BGB sein Vermieterpfandrecht ausüben und die Gegenstände des Mieters einlagern. Müll wird entsorgt, Gegenstände, die nicht zu veräußern sind/ die nicht gepfändet werden können, darf der Mieter binnen eines Monats abholen. Nach Ablauf der Frist kann der Vermieter die Gegenstände des Mieters verkaufen (§§ 1257, 1233-1240 BGB). Dadurch spart sich der Vermieter die Kosten für die Räumung und Einlagerung der Gegenstände.

Weiter kann der Vermieter mit dem Mieter vereinbaren, dass der Vermieter von seinem Pfandrecht zurücktritt, wenn der Mieter bis zu einem festgesetzten Datum alle Gegenstände aus der Wohnung entfernt. Kommt der Mieter dieser Vereinbarung nicht nach, darf der Vermieter die Dinge entsorgen. Auch hier liegt die Intention des Vermieters darauf, den Mieter dazu zu bewegen, seine Dinge „freiwillig“ selbst abzuholen.

Hamburger Räumung:

Die Hamburger Räumung setzt sich aus zwei Phasen der Räumung zusammen. Zunächst werden hier die Schlösser zum Mietobjekt ausgetauscht, danach erfolgt der Räumungsauftrag an ein Speditionsunternehmen durch den Gerichtsvollzieher. Der Mieter hat 2 Wochen Zeit, die Wohnung zu räumen, bis das Speditionsunternehmen seine Dienste tut. Räumt der Mieter die Wohnung nicht, werden seine Besitztümer eingelagert.

Frankfurter Räumung:

Die sogenannte Frankfurter Räumung gilt als umstritten. Hier erledigt der Vermieter die Räumung der Wohnung/ des Mietobjekts eigenhändig. Die Regeln und Auflagen hierfür erhält er vom Gerichtsvollzieher. Die Besitztümer des Mieters werden in einem Raum gelagert, der für den Gerichtsvollzieher zugänglich ist. Sollten während des Räumens Schäden an den Besitztümern des Mieters entstehen, haftet der Vermieter. Somit sollte der Vermieter den Zustand der Besitztümer durch detaillierte Fotoaufnahmen protokollieren.

7. Dürfen Familien mit Kindern zwangsgeräumt werden?

Dürfen Familien mit Kindern zwangsgeräumt werden?

Unsplash: @ Sandy Millar

Auch Familien mit Kindern können zwangsgeräumt werden. Da klar ist, dass auch seitens der Vermieter ein solcher Schritt auf keinen Fall leichtfertig getan wird, ist ein Blick auf die Gegenargumente in sachlicher Art und Weise angebracht. Eine Familie mit Kindern kann als letzte Möglichkeit gegen eine Zwangsräumung einen Härteantrag nach § 765a ZPO stellen. Dieser Härteantrag muss allerdings hohe Hürden bei der Genehmigung nehmen.

Die Familie wurde gekündigt, es gab eine Räumungsklage, die Räumungsfristen wurden eingeräumt. Der plötzlich drohende Verlust der Wohnung ist mit Fortschreiten des Prozesses schwer zu rechtfertigen.

Das Landgericht Berlin argumentierte im September 2019 (LG Berlin, Beschluss vom 11.09.2019, Az.: 51 T 378/19), dass auch die Veränderung der Lebens- und Schulsituation der Kinder keine unbillige Härte darstellen würde. Unbillige Härte wird von manchen Gerichten dann als geltendes Argument angesehen, wenn die Kinder beispielsweise in wenigen Wochen am Ort der derzeitigen Wohnung ihren Schulabschluss machen würden. Freundschaften und Vereinszugehörigkeiten gehören nicht zu den tragfähigen Gegenargumenten.

Der BGH sieht als unbillige Härte noch die Gefahr für Leib und Leben an, weil Erkrankungen vorliegen, weil eine Person der Wohngemeinschaft gerade entbunden hat oder man die reelle Gefahr eines Suizids in Betracht ziehen muss.

Mitunter kann es vorkommen, dass der Gerichtsvollzieher am Tag der Räumung Personen antrifft, die der Räumungstitel nicht inkludiert. Dadurch kann eine Räumung verhindert oder erschwert werden. Wenn etwa ein volljähriges Kind zur Miete (inkl. Mietzahlung) mit in der Wohnung lebt, dieses aber im Räumungstitel nicht zu finden ist, dann muss der Titel verändert werden.

8. Was passiert bei einer Zwangsräumung mit dem Besitz der Mieter?

Was passiert bei einer Zwangsräumung mit dem Besitz der Mieter?

Unsplash: @ Erda Estremera

Zwar darf der Vermieter den Besitz seiner ehemaligen Mieter nicht verkaufen, im Rahmen der Zwangsräumung darf er aber von seinem Pfandrecht gegenüber dem Mieter Gebrauch machen. Das Pfandrecht besagt, dass der Vermieter berechtigt ist, bestimmte Gegenstände der Mietpartei einzubehalten. Welche Gegenstände dem Pfändungsschutz unterliegen, kann in der Zivilprozessordnung nachgelesen werden.

Der Vermieter darf im Rahmen der Nutzung seines Pfandrechts folgende Gegenstände des Mieters einbehalten:

  • Gegenstände des persönlichen Gebrauchs des Mieters (Kleidung etc.)
  • Haustiere des Mieters, die zu Erwerbszwecken gehalten werden
  • persönliche Dokumente des Mieters
  • Gegenstände, die der Mieter für seine Berufsausübung benötigt (Computer, Laptop, Werkzeuge)
  • Bücher und Schulbücher

Fast selbstverständlich ist, dass der Mieter nach einer Pfändung nicht nackt und bloß dastehen darf. Alles, was der Mieter benötigt, um ein angemessen würdevolles Leben führen zu können, darf natürlich nicht gepfändet werden. Konkret bedeutet dies bezogen auf beispielsweise die Kleidung, dass Pelzmäntel gepfändet werden dürfen, die Unterwäsche allerdings nicht. Auch bei der Pfändung von Haustieren muss ein Pfändungswert zu berechnen sein, etwa bei einer teuren Rassekatze.

Folgende Dinge können nicht gepfändet werden:

      • alles, was der Mieter zu einer bescheidenen Lebensführung benötigt
      • Dinge, die für den Mieter zur Berufsausübung unabdingbar sind
      • Dinge, die für die Aus- oder Fortbildung des Mieters unabdingbar sind
      • Dinge, die der Mieter für seine Gesundheit benötigt
      • Dinge, die zur Religionsausübung notwendig sind, sofern ihr Wert 500 € nicht übersteigt.
      • Immobilien und Grundstücke
      • bestimmte geringe Summen an Bargeld
      • Unterlagen, zu deren Aufbewahrung der Mieter verpflichtet ist
      • private Fotoalben und Aufzeichnungen
      • Dinge, die sich nicht im Mietobjekt befinden (Pkw)
      • Dinge, die dem Ehepartner gehören, sofern dieser nicht im Mietvertrag als Mieter zu finden ist.
      • Eigentum von Untermietern
      • geleaste, gemietete oder geliehene Dinge
      • öffentliche Urkunden, Trauringe, Orden und Ehrenabzeichen
      • Tiere, die nicht zu Erwerbszwecken gehalten werden.
      • Futtermittel der Tiere

Die teils widersprüchlich erscheinenden Punkte der jeweiligen Listen lassen bereits erahnen, dass es im Einzelfall zu Diskussionen kommen kann. Das Pfandrecht ermöglicht es dem Mieter, die Gegenstände der Mietpartei einzubehalten. Nutzt der Vermieter dieses Recht, so hat er automatisch die Pflicht, die Dinge sorgsam aufzubewahren. Der Vermieter darf nur Dinge entsorgen, von denen er ausdrücklich weiß, dass sie auch vom Mieter nicht aufbewahrt werden würden (Müll/Gerümpel). Im Fachjargon wird dies mit der Aufgabe des Eigentums an derartigen Gegenständen umschrieben (§ 959 BGB).

9. Wie können Mieter eine Zwangsräumung verhindern?

Mieter haben zahlreichen Möglichkeiten, eine Zwangsräumung zu verhindern. Zuallererst sei hier die offene Kommunikation mit dem Vermieter angemahnt.

Schulden begleichen:

Ein Mieter sollte seine Miete nicht schuldig bleiben. Kommt es dennoch dazu, hat die Begleichung der Schulden erste Priorität. Zahlungsrückstände sind Gründe, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können. Sind die Schulden beglichen, kann keine außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden.

Forderungen des Vermieters nachkommen:

Auch sollte der Mieter den berechtigten Forderungen seines Vermieters nachkommen. Hat der Mieter per Abmahnung seine Forderungen dargelegt und kommt der Mieter diesen Forderungen nach, verhindert er damit, dass weitere Schritte unternommen werden.

Widerspruch gegen eine Räumungsklage einlegen:

Wird gegen den Mieter dennoch eine Räumungsklage erhoben, so sollte der Mieter sofort Widerspruch einlegen. Dann entscheidet das Gericht, ob die Kündigung rechtens ist, oder der Mieter Recht behält.

Antrag auf Räumungsfrist stellen:

Der Mieter hat zudem die Möglichkeit, laut Zivilprozessordnung § 721 bis vor der letzten mündlichen Verhandlung vor Gericht einen Antrag auf Räumungsfrist zu stellen. Dann wird das Gericht die individuellen Umstände des Antragstellers berücksichtigen (Familiengröße, Schulsituation der Kinder, Gesundheitszustand der Mieter), sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt betrachten und danach eine angemessene Frist für den Auszug setzen. Die maximale Fristdauer beträgt hierbei ein Jahr.

Fristgerecht ausziehen:

Erhält der Vermieter einen gerichtlichen Räumungstitel, hat der Mieter 3 Wochen Zeit, um auszuziehen. Durch Wahrung dieser Frist verhindert der Mieter eine Zwangsräumung, die auch die Verwahrung seiner Habseligkeiten betreffen würde.

Infos zum Aspekt „drohende Wohnungslosigkeit“:

Wie können Mieter eine Zwangsräumung verhindern?

Pixabay: @ Manuel Alvarez

Stecken Sie als Mieter nicht ihren Kopf in den Sand. Holen Sie sich Hilfe. Wenn Sie sich als Mieter eingestehen müssen, dass das Geld nicht reicht, um ihre Mietschulden zu begleichen, wenden Sie sich an das Jobcenter Ihrer Stadt oder suchen Sie eine Schuldnerberatung auf. Diese Institutionen können dabei helfen, Mietschulden zu übernehmen, um die Gefahr einer Wohnungslosigkeit zu bannen.

10. Was ist ein Räumungsschutzantrag und wie wird er gestellt? 

Das Gericht wird beim Antrag auf Räumungsschutz sowohl die Interessen der Mieter als auch der Vermieter berücksichtigen. Schwerwiegende Folgen sollen für beide Parteien so weit möglich ausgeschlossen werden. Der Mieter bzw. sein Anwalt kann nach Erhalt der schriftlichen Räumungsklage einen Antrag auf Räumungsschutz stellen. Den Antrag stellt der Mieter beim Gericht, welches auch die Räumungsklage behandelt. Der Mieter bleibt allerdings zur Räumung verpflichtet.

Auch wenn die Bezeichnung anderes vermuten lässt: Mit einem Räumungsschutz verhindert man nicht die Räumung. Ein Räumungsschutz hat das Ziel, dem Mieter mehr Zeit bis zum Auszug zu verschaffen. Eine Obdachlosigkeit soll unter allen Umständen verhindert werden. Wird ein Antrag auf Räumungsschutz gestellt, spielen bei der Berechnung der damit zugestandenen Frist viele Faktoren eine Rolle. Das Gericht wird die Familiensituation wie auch die Lage auf dem Wohnungsmarkt genau betrachten.

11. Welche Chancen hat ein Vermieter auf eine erfolgreiche Räumungsklage?

Eine Räumungsklage ist nur dann erfolgreich, wenn der Vermieter auch Anspruch auf Räumung des Mietobjekts hat. Grundvoraussetzung ist die Unanfechtbarkeit der vorher ausgesprochenen ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung des Mietobjekts. Sind bereits im Kündigungsverfahren Fehler festzustellen, schwinden auch die Erfolgsaussichten auf eine erfolgreiche Räumungsklage. Für Vermieter ist eine Zwangsräumung nach einer Räumungsklage leider der einzige Weg, das eigene Mietobjekt wieder zur Verfügung zu haben. Hat der Vermieter einen Räumungstitel, begrenzt dies die Möglichkeiten, die dem Mieter noch offen stehen.

Mieter können schon bei Erhalt der Kündigung tätig werden und Einwände gegen diese vorbringen. Vor Gericht kann ein Rechtsanwalt auf eine einvernehmliche Lösung beider Parteien hinwirken. Statt einer drohenden Zwangsräumung wird ein Vergleich aus- und verhandelt. Wie diese Kompromisslösungen aussehen können, liegt im Ermessen der Parteien bzw. deren Anwälten. Der Mieter zieht in jedem Fall aus dem Mietobjekt aus, allein die Zwangsräumung soll so verhindert werden.

12. Darf der Vermieter eine Wohnung auch eigenständig räumen?

Darf der Vermieter eigenständig räumen?

Unsplash: @ Maria Ziegler

Auch wenn der Geduldsfaden von Vermietern im Laufe der Kündigung, der Gerichtsverfahren und des Erhalts des Räumungstitels mit drohender oder anstehender Zwangsräumung über die Maßen gespannt wird, darf ein Vermieter nie eigenhändig die Wohnung räumen. Eine Räumung muss immer von einem Gerichtsvollzieher durchgeführt werden.

Selbst wenn der Mieter verschwunden ist und als vermisst gemeldet wurde, steht es dem Vermieter nicht zu, eine Wohnung ohne Gerichtsbeschluss zu räumen. Tut er es dennoch, so ist er dem Mieter gegenüber zu Schadensersatz verpflichtet. Im Urteil des BGH mit dem Az.: VIII ZR 45/09 entschied das Gericht in einem solchen Fall. Der Mieter war bereits über mehrere Monate verschwunden und galt als vermisst.

Der Vermieter darf dann eigenhändig tätig werden, wenn sich in der Wohnung nur noch ausschließlich wertloses Gerümpel befindet. Zwar darf der Vermieter wertloses Gerümpel entsorgen, es sei jedoch erwähnt, dass der Wert eines Gegenstands subjektiv wahrgenommen wird. Bei den meisten Dingen muss der Vermieter Sorge tragen, dass diese eingelagert und geschützt werden. Vermieter sollten sich vor und während des Prozesses in jedem Fall durch einen Fachanwalt rechtlich absichern.

13. Fazit

Das Thema Zwangsräumung ist alles andere als schön. Es kostet Zeit und Nerven und stellt für alle beteiligten Parteien eine große Herausforderung dar. Neben den sachlichen Aspekten spielen hier zahlreiche Emotionen mit. Weder Mieter noch Vermieter sind erpicht auf eine Zwangsräumung. Die Ausführungen haben Ihnen gezeigt, dass einige Dinge von verschiedenen Seiten betrachtet werden können. Ein rechtmäßig sicheres Vorgehen ist absolut notwendig.

Als erfahrene Rechtsanwaltskanzlei

– unterstützen wir Vermieter, die rechtmäßige Kündigung eines Mietvertrags durchzusetzen

– helfen wir bei der Einreichung der Räumungsklage vor Gericht

– können wir einen Gerichtsvollzieher beauftragen

– beraten und unterstützen wir Sie im gesamten Ablauf

– helfen wir aber natürlich auch Mietern beim Widerspruch gegen eine Räumungsklage

– versuchen wir gemeinsam mit Mietern, eine Räumungsklage abzuwenden

– helfen bei der Kontaktaufnahme mit Schuldnerberatungen

Wir stehen sowohl Mietern als auch Vermietern zur Seite!

 

Deswegen: Sprechen Sie mit uns! Die Erstberatung erfolgt kostenlos und unverbindlich. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.

Sie sind auf der Suche nach einem erfahrenen Anwalt im Mietrecht?

Ihnen droht die Zwangsräumung? Nehmen Sie jetzt mit uns Kontakt auf!