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Beispiele für Umsatzsteuerkarusselle in der EU

Beispiele für Betrug durch Umsatzsteuerkarusselle

Unsplash: @ KOBU Agency

Haben Sie bereits vom Betrugssystem der Umsatzsteuerkarusselle gehört oder von konkreten Beispielen über die Medien erfahren? Schätzungen zur Folge gehen durch Umsatzsteuerbetrug den EU-Mitgliedsstaaten jährlich rund 50 Milliarden Euro an Steuergeldern verloren. Warum dieses raffinierte Betrugssystem so schwer aufzudecken ist, wie es funktioniert und welche Rolle unwissende Unternehmen spielen können, lässt sich an konkreten Fallbeispielen am besten zeigen.

1. Was ist ein Umsatzsteuerkarussell?

Ein Umsatzsteuerkarussell ist ein Betrugsschema, bei dem Unternehmen innerhalb der EU grenzüberschreitend Waren oder Dienstleistungen handeln, um die Umsatzsteuer zu hinterziehen. Dabei werden Waren – wie Computerchips, Zertifikate, Konsolen oder Luxusartikel – mehrfach über verschiedene Firmen verkauft, wobei eine oder mehrere Firmen die fällige Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abführen. Diese Firmen werden als sogenannte „Missing Trader“ bezeichnet, da sie meist nach einer bestimmten Zeit verschwinden, bevor sie das Finanzamt zu Rede stellen kann. Zur selben Zeit machen die anderen beteiligten Unternehmen Vorsteuererstattungen geltend. Dieses komplexe Betrugssystem führt zu erheblichen finanziellen Schäden und kann für unwissende Unternehmen gravierende rechtliche Folgen haben. Rechtlich sind alle Vorgänge im Umsatusteuergesetz (kurz: UStG) geregelt.

2. Umsatzsteuerkarusselle: Beispiel für typische Abläufe und Strukturen

Strukturen und Abläufe von Umsatzsteuerkarussellen am Beispiel

pixabay: @ noname_13

Zentral für den Ablauf des Umsatzsteuerkarussells ist eine EU-Sonderregelung zur Umsatzsteuer. Diese besagt, dass grenzüberschreitende Warenlieferungen innerhalb der EU von der Umsatzsteuer befreit sind.  Ein vereinfachter Ablauf lässt sich wie folgt beschreiben:

Schritt 1: Am Anfang jedes Betruges steht ein Unternehmen (Akteur A) aus einem EU-Land, welches eine Ware an ein anderes Unternehmen (Akteur B) im EU-Ausland verkauft. Hierfür fallen nach der Sonderregelung in der Regel keine Umsatzsteuern an.

Schritt 2: Akteur B verkauft die Ware im Inland weiter an Akteur C. Hier fällt jedoch eine Umsatzsteuer in Form einer Mehrwertsteuer im jeweiligen Land an. Akteur B meldet und zahlt diese Summe jedoch nicht dem Finanzamt.

Schritt 3: Akteur C verkauft die Ware anschließend wieder an Akteur A oder weitere Unternehmen in einem anderen EU-Land umsatzsteuerfrei.

Der Betrug findet statt, da Akteur B die Umsatzsteuer, die er Akteur C berechnet, nicht UStG-konform dem Finanzamt abführt. Er behält die Steuer und verschwindet in der Regel nach einem halben Jahr vom Markt (genannt „Missing Trader“). Akteur C wiederum kann sich die gezahlte Umsatzsteuer beim Kauf der Ware als Vorsteuerabzug beim Finanzamt zurückzahlen lassen. So entsteht ein Karussellgeschäft mit Umsatzsteuerbetrug, das sogar mehrmals durchlaufen kann, ohne dass das Finanzamt davon etwas mitbekommt.

3. Konkrete Beispiele für Umsatz­steuer­karusselle in der EU

Welche Beispiele für Umsatzsteuerkarusselle gab es bereits?

ChatGPT: @ KI generiert

So einfach das Prinzip im vorherigen Abschnitt erklärt sein mag, so kompliziert ist jedoch die reale Umsetzung. Hier können ganze Banden und mehrere Scheinunternehmen involviert sein, was es für Behörden so schwer macht, das System dahinter zu entschlüsseln. Generell kann gesagt werden: Je mehr Unternehmen an einem Karussellbetrug beteiligt sind, desto schwieriger wird es für die Justiz, diese Fälle aufzuklären. Doch es gibt einige Beispiele für Ermittlungen zu Umsatzsteuerkarussellen und Steuerhinterziehung, bei denen es zu Verurteilungen kam.

Der kriminelle Handel mit CO2-Zertifikaten 

In den Jahren 2011 und 2012 flog ein Betrug mit gehandelten CO2-Zertifikaten bei der Deutschen Bank auf. Acht Ex-Manager der Bank standen vor Gericht, dazu kommt eine Vielzahl von Hinterleuten und Mittätern. Insgesamt betrugen die ausgesprochenen Strafen aufsummiert rund 99 Jahre. Über mehrere Jahre wurden CO2-Zertifikate an Geschäftsleute in Europa und dem Nahen Osten an- und wieder verkauft. Diese Zertifikate sollten eigentlich für Energieversorger einen Anreiz bieten, Emissionen zu sparen. Insgesamt zahlte die Deutsche Bank rund 400 Millionen Euro an den Staat zurück.

Vom Handyhändler zum Kriminellen

2014 wurde Amir Baher – ein Handyhändler, dessen Klarname geändert wurde – festgenommen und letztlich wegen Steuerhinterziehung von rund 40 Millionen Euro verurteilt. Zu seinen gehandelten Waren zählten vor allem Mobiltelefone, Konsolen und CO2-Zertifikate. Sein Geld verdiente er nur zu einem Bruchteil mit dem Verkauf seiner Waren. Hauptsächlich ließ er die angebotenen Produkte mit verschiedenen Missing-Trader-Unternehmen und über mehrere EU-Länder hinweg im Kreis laufen, bis die Ermittler ihm auf die Spur kamen. So hinterzog er durch die fehlende Umsatzsteuer und die geltend gemachte Vorsteuer eine enorme Summe an Geld.

Der Betrug mit Luxusautos und medizinischen Masken

Europaweit erstreckte sich auch das Karussellgeschäft von zwei in Berlin verurteilten Männern im Jahr 2024. Sie sollen mit Luxusautos und medizinischen Masken europaweit gehandelt und dabei keine Umsatzsteuer abgeführt sowie sich den Vorsteuerabzug zurückerstatten lassen haben. Der Schaden für den Fiskus wurde auf circa 50 Millionen Euro geschätzt. Die Ermittlungen zogen sich durch Deutschland, Tschechien, Polen, Frankreich und Kroatien. So wurden die Männer jeweils zu 10 Jahren und 8 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Das Urteil ist bislang nicht rechtskräftig, da Berufung eingelegt wurde.

Wussten Sie schon: Warum Sie zu billige Angebote kritisch hinterfragen sollten

Als Einkäufer und Geschäftsführer kann es hilfreich sein, bei Warengeboten zu besonders guten Konditionen von neuen und noch unbekannten Unternehmen genauer hinzuschauen. Was gab es zuvor für Geschäftsaktivitäten, nennt der Geschäftspartner bereits potentielle weitere Käufer oder unbekannte Speditionen? Um eine böse Überraschung zu vermeiden, kann sich hier eine Analyse über mehrere Monate hinweg und eine fachgerechte Beratung eines Steuerrechtsanwalts lohnen.

4. Auswirkungen von Umsatzsteuerkarussell-Beispielen

Die Auswirkungen von Umsatzsteuerkarussellen beziehen sich zum einen auf fehlende Steuereinnahmen der betroffenen EU-Länder. Diese erleiden durch die betrogene Umsatzsteuer sowie durch die geltend gemachte Vorsteuer – die aus der Staatskasse zurückerstattet wird – einen doppelten Schaden. Zum anderen trifft es zudem auch unwissende Unternehmen, die sich dann mit erheblichen Strafen und Konsequenzen konfrontiert sehen können.

5. Umsatzsteuerkarusselle und unwissende Firmen: ein mahnendes Beispiel?

Unwissende Unternehmen finden sich häufig in der Rolle des „Distributors“ oder des „Buffers“ wieder, da auf dieser Rolle das größte Risiko lastet. Der Distributor verkauft am Anfang eine Ware ins EU-Ausland und bringt das Karussell zum Drehen. Oder das unwissende Unternehmen kauft als „Buffer“ eine besonders billige Ware zu marktunüblichen Preisen ein, welche aus einem Karussell stammt und hält es damit am Laufen. Leider schützt Unwissenheit nicht vor Strafe. Deshalb ist es ratsam, sich in solchen Fällen kompetente rechtliche Beratung zu suchen und eine ordentliche Buchführung im Unternehmen zu gewährleisten.

6. Beispielmaßnahmen gegen Umsatz­steuer­karusselle

Gegenmaßnahmen zu Umsatzsteuerkarusselllen aus den Beispielen

ChatGPT: @ KI generiert

In Deutschland gab es in der jüngeren Vergangenheit mehrere Versuche von Gegenmaßnahmen, um Umsatzsteuerkarusselle wie in den genannten Beispielen zu verhindern. Eine davon ist die Aussetzung des Vorsteuerabzugs auf bestimmte Waren. Dazu zählten zeitweise Produkte wie Mobiltelefone, einzelne Chips oder Prozessoren. Eine weitere Gegenmaßnahme war die Einführung eines „Reverse-Charge-Verfahrens“ bei der Erwerbsbesteuerung. Unter gewissen Voraussetzungen kann sich so die Umsatzsteuerlast vom leistenden Unternehmer auf den Leistungsempfänger übertragen.

Zur Info: Warum diese Art von Betrug so schwer aufzudecken ist

      • Vielzahl an Beteiligten: bevor alle Beteiligten erfasst sind, sind einige schon wieder vom Markt verschwunden
      • grenzüberschreitende Transaktionen: diese machen eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Behörden nötig, bei denen unterschiedliche Rahmenbedingungen und UStG die Aufklärung erschweren
      • fehlende Informationen: bei internationalen Transaktionsketten können die nötigen Informationen aus anderen Ländern fehlen
      • schwache EU-Gesetze: auf starke EU-weite Maßnahmen konnte sich bisher nicht geeinigt werden

7. Fazit zu den Beispielen von Umsatz­steuer­karussellen

Karussellgeschäfte wie in den vorgestellten Beispielen kosten den Staat jährlich geschätzte 50 Milliarden Euro. Diese Betrugssysteme aufzudecken ist allerdings leichter gesagt als getan. Durch komplizierte Strukturen mit mehreren, schnell verschwindenden Scheinfirmen ist es für die Justiz ein enormer Aufwand, diese Art von Betrug aufzudecken. Kommt es allerdings zu Verurteilungen, fallen die Strafen gravierend aus. Was in den Beispielen für Umsatzsteuerkarussellen auffällt: Es werden vor allem Waren gehandelt, die im höherpreisigen Segment liegen und einfach transportierbar sind. Wenn Sie sich mit einer Anschuldigung für einen Karussellbetrug konfrontiert sehen, ist ein Gang zur erfahrenen Steuerrechtskanzlei Ihres Vertrauens der nächste nötige Schritt. So können Sie ordentlich bei Behörden auftreten und eine bestmögliche Lösung für das Problem erarbeiten.

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