Wann ist eine Selbstanzeige nicht strafbefreiend?
Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, dass eine Selbstanzeige unter allen Umständen strafbefreiend wirkt. Tatsächlich gibt es jedoch deutliche Einschränkungen und Bedingungen, die erfüllt sein müssen, um von einer Straffreiheit Gebrauch machen zu können. Die Kontexte, unter denen eine Selbstanzeige nicht zur Straffreiheit führt, sind im Detail in der Abgabenordnung (AO) festgelegt. Auf dieser rechtlichen Grundlage klären wir in diesem Artikel auf, in welchen Fällen eine Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung beim Finanzamt keinen Schutz vor Strafverfolgung bietet.
1. Ausschlussgründe für eine strafbefreiende Selbstanzeige
Die Möglichkeit, durch eine Selbstanzeige Straffreiheit bei Steuerhinterziehung zu erlangen, wird oft als „Rettungsanker“ betrachtet. Doch unter bestimmten Bedingungen greift diese Option nicht. Die deutschen Steuergesetze, insbesondere § 371 der Abgabenordnung (AO), legen klar fest, unter welchen Umständen eine Selbstanzeige nicht strafbefreiend wirkt. Diese Gründe können sowohl einzeln als auch in Kombination eine Strafbefreiung verhindern.
2. Bekanntgabe von Prüfungsmaßnahmen
Straffreiheit tritt nicht ein, wenn bestimmte behördliche Maßnahmen vor der Abgabe der Selbstanzeige eingeleitet wurden. Dazu zählen:
2.1 Prüfungsanordnungen
Wenn dem Steuerpflichtigen, seinem Vertreter oder einem Begünstigten eine Außenprüfung angekündigt wurde, schließt dies eine strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige für die entsprechenden steuerlichen Sachverhalte und Zeiträume aus.
2.2 Einleitung von Straf- oder Bußgeldverfahren
Die Bekanntgabe der Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens an den Steuerpflichtigen oder seinen Vertreter schließt die Straffreiheit ebenfalls aus.
2.3 Erscheinen eines Amtsträgers
Die Anwesenheit eines Finanzbeamten zur steuerlichen Prüfung oder zur Ermittlung von Steuerstraftaten, einschließlich spezieller Nachschauen, verhindert eine strafbefreiende Selbstanzeige.
Praxisbeispiel für Prüfungsanordnungen
Ein mittelständisches Unternehmen erhält eine Ankündigung zur Außenprüfung für die Jahre 2016 bis 2018. Der Geschäftsführer entscheidet sich daraufhin, eine Selbstanzeige für nicht gemeldete Einnahmen aus dem Jahr 2017 zu erstatten. Aufgrund der bereits angekündigten Prüfung für diesen Zeitraum wird die Selbstanzeige jedoch nicht zur Straffreiheit führen.
3. Entdeckung der Tat
Straffreiheit ist ausgeschlossen, wenn die Tat im Zeitpunkt der Selbstanzeige bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder vernünftigerweise damit rechnen musste. Das Wissen um eine mögliche Entdeckung genügt, um die Schutzwirkung der Selbstanzeige zu negieren.
4. Höhe der hinterzogenen Steuern
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Höhe des hinterzogenen Betrags. Übersteigt der verkürzte Steuerbetrag oder der ungerechtfertigte Vorteil 25.000 Euro pro Tat, ist keine Straffreiheit durch Selbstanzeige möglich. Diese Regelung zielt darauf ab, schwerwiegende Fälle von Steuerhinterziehung besonders zu ahnden.
Beispiel für kritische Betragsgrenze
In einem Beispiel hat ein Freiberufler im Laufe von drei Jahren insgesamt 30.000 Euro an Einkommensteuer nicht deklariert. Obwohl der Betrag pro Jahr unter der kritischen Grenze von 25.000 Euro liegt, übersteigt die Gesamtsumme diese Grenze, wodurch eine strafbefreiende Selbstanzeige ausgeschlossen wird.
5. Besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung
Ein besonders schwerer Fall, der die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige ausschließt, kann durch hohe Beträge oder durch spezifische Umstände bei der Tatbegehung, wie die aktive Mitwirkung eines Finanzbeamten oder der Einsatz gefälschter Belege, definiert sein. Diese gesetzlich definierten erschwerenden Umstände schließen eine Straffreiheit aus und weisen auf erhöhte kriminelle Energie oder Amtsmissbrauch hin.
6. Fazit
Die Regelungen zur Selbstanzeige sind komplex und erfordern eine sorgfältige Prüfung der jeweiligen Umstände. Wer eine Selbstanzeige in Erwägung zieht, sollte sich unbedingt fachkundig beraten lassen, um alle Aspekte der eigenen Situation korrekt zu bewerten und eine fundierte Entscheidung zu treffen. Denn obwohl die Selbstanzeige in vielen Fällen eine Chance auf Straffreiheit bietet, gibt es signifikante Ausnahmen, die jeder Steuerpflichtige kennen sollte.
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