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Grenzbebauung: Welche Abstandsflächen gelten in Bayern?

Diese Abstandflächen gelten in Bayern

Unsplash: @ Erin Larson

Der Nachbarschaftsstreit rund um Abstandsflächen ist so häufig Thema, dass sich ihm sogar die Staatsregierung widmet. Nicht nur in Gesetzen, sondern auch in einem Artikel des Staatsministeriums der Justiz. Hier kann man bereits in den einleitenden Worten lesen, dass es immer auf den Einzelfall ankommt und noch dazu, in welcher Gemeinde sich dieser zuträgt. Warum Abstandsflächen eingehalten werden müssen, was eine Grenzbebauung ist, welche Ausnahmen es gibt und was Sie im Streitfall tun können, erfahren Sie hier.

1. Was gilt als Grenzbebauung und wozu gibt es Abstandsflächen?

Was sind Abstandflächen und wozu gibt es sie?

Unsplash: @ Joshua Olsen

Da die Regelungen zur Grenzbebauung von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind, gibt es darauf keine allgemeingültige Antwort. Gemeinhin ist man der Annahme, dass man auf dem eigenen Grundstück machen können sollte, was man wolle. Das ist so nicht ganz richtig und je mehr man sich der Grundstücksgrenze nähert, umso mehr Regelungen existieren.

Diese Regelungen dienen dem Brandschutz, der Belüftung und Belichtung des Grundstücks bzw. des Nachbargrundstücks und nicht zuletzt auch dem Schutz der Privatsphäre. Durch einzuhaltende Abstände zwischen den Bebauungen wird in einem Brandfall ein Übergreifen auf das nächste Gebäude besser verhindert. Außerdem sollen sich durch die einzuhaltenden Mindestabstände die Bewohner der Gebäude auf beiden Seiten wohlfühlen und nicht das Gefühl der Enge oder der eingeschränkten Sicht haben.

Die einzuhaltenden Abstandsflächen müssen individuell berechnet werden. Dies übernimmt ein Vermessungsingenieur. Die Abstandsflächen richten sich nach der Wandhöhe des Gebäudes, welche wiederum mit der Dachhöhe verrechnet wird. Unabhängig von den Ergebnissen dieser individuellen Berechnungen muss allerdings immer ein Mindestabstand von 2,5 bis 3 Metern eingehalten werden.

Auch wenn die Regelungen in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich ausfallen, so gibt es in jedem Fall Abstandsflächen, die eingehalten werden müssen. Eine meterhohe Wand direkt an der Grundstücksgrenze zum Nachbarn ist beispielsweise immer unzulässig, selbst wenn diese der Privatsphäre des Errichters zuträglich zu sein scheint.

2. Grenzbebauung: Wie sind die Abstandsflächen bemessen?

Wie sind Abstandsflächen bemessen?

Unsplash: @ Diana Polekhina

Der einzuhaltende Abstand zwischen den Häusern errechnet sich aus der Gebäudehöhe. Diese Höhe wird mit einem Wert von 0,25 bis 1,0 multipliziert. Welcher Faktor zur Berechnung herangezogen wird, ist Ländersache. Des Weiteren kommt es auch darauf an, wo sich das Grundstück befindet.
Normalerweise liegt der Mindestabstand allerdings bei 3m.

Betrachten wir die Formel, nach der die einzuhaltenden Abstandsflächen berechnet werden, konkret.
Dazu benötigen wir folgende Maße:

      • Der zugrundeliegende Faktor (F). Dieser findet sich in der Bauordnung des jeweiligen Bundeslands.
      • die Gebäudehöhe. Diese wiederum setzt sich aus der Höhe des Gebäudes bis zum Dach (H) und der Dachhöhe (DH) selbst zusammen.
      • Weiter spielt die Dachneigung eine Rolle. Auch für diese gibt es einen Faktor, der in die Berechnung einfließt (DF), denn auch die Dachhöhe kann die Mindestabstandsfläche beeinflussen.

Die Formel für die Abstandsfläche (AF) bei Grenzbebauung:

AF = F x (H x DF x DH)

Abstandsfläche = Faktor mal (Gebäudehöhe mal Dachfaktor mal Dachhöhe)

Beispiel

Ein 5m hohes Haus befindet sich in einem Bundesland/Gebiet, welches den Faktor 0,9 zur Berechnung heranzieht. Das Haus hat ein Flachdach.

AF = 0,9 x 5 (aufgrund des Flachdachs entfallen die Punkte „Dachfaktor“ und „Dachhöhe).
Der Mindestabstand müsste demnach 4,5m betragen.

In Gebieten, in denen der Wohnraum knapper wird (Kerngebiete) sinkt der Faktor mitunter auf 0,25. Dann wäre nur noch ein Mindestabstand von 1,25m einzuhalten. Da dies jedoch häufig den Brandschutzregeln zuwiderläuft, gelten dann die generellen Mindestabstandsflächen von meist 3m.

3. Beispiele für Grenzbebauung: Was ist erlaubt?

Was ist bei der Grenzbebauung erlaubt?

Unsplash: @ Davis Schultz

Wer den Mindestabstand unterschreitet, muss sich neben der Baugenehmigung auch die Zustimmung der Nachbarn einholen. Unterschreitet man die Mindestabstandsfläche von 2,5 bis 3m, handelt es sich um eine Grenzbebauung und für diese ist immer eine Baugenehmigung in Verbindung mit der Erlaubnis der betroffenen Nachbarn notwendig.

Baut man zu nah an der Grundstücksgrenze und hält die vorgeschriebenen Mindestabstandsflächen nicht ein, ohne dass eine Genehmigung dafür vorliegt, verstößt man gegen das Baurecht. In einem solchen Fall kann die Behörde die Nutzung untersagen, eine Geldstrafe verhängen oder den Erbauer dazu zwingen, die Bebauung rückgängig zu machen (Rückbau).

Was fällt konkret in den Bereich der Grenzbebauung? 

Fenster oder Balkon

In Deutschland existiert das Recht auf Fenster. Diese dürfen auch in einer Wand, die zum Nachbarn zeigt, vorhanden sein. Der Fachbegriff lautet tatsächlich „Fensterrecht“. Verletzt ein solches Fenster allerdings die Privatsphäre des Nachbarn, wird es unter Umständen knifflig. Dann steht dem Fensterrecht das Fensterabwehrrecht entgegen. Der Erbauer möchte ein Fenster, der Nachbar fühlt sich dadurch in seiner Privatsphäre gestört. Der Nachbar kann den Fensterbau verhindern.

Dasselbe gilt auch für Erker und Balkone. Die Regelungen zum Fensterrecht findet man in den Nachbarrechtsgesetzen der Bundesländer. Überschreiten Erker und Balkone ein bestimmtes Höchstmaß nicht, spielen diese für die Berechnung der Abstandsflächen keine Rolle.

Garage, Carport, Gartenhaus

Auch bei Carports, Garagen und Gartenhäusern spielen die Abstandsflächen keine Rolle, wenn die Elemente die zulässigen Höchstmaße nicht überschreiten. Diese liegen meist bei einer Höhe von 3m und einer Länge von 9m. Erst wenn die Maße darüber hinausgehen, müssen die Abstandsflächen eingehalten werden. Dabei kommt es allerdings auch auf die Nutzung bzw. Ausstattung des erbauten Elements an.

Ein Gartenhaus, welches über einen Aufenthaltsraum oder eine Feuerstätte verfügt, darf nicht auf der Abstandsfläche gebaut werden. Ein reiner Geräteschuppen jedoch schon.

Gut zu wissen ist auch, dass bei der Errichtung von Carports, Garagen und Gartenhäusern keine Zustimmung der Nachbarn erforderlich ist. Man spricht hier von sogenannten privilegierten Fällen.

Hecke oder Zaun an der Grundstücksgrenze

Auch für Zäune und Mauern ist eine Baugenehmigung erforderlich. Im Bebauungsplan findet man die Vorgaben, die es einzuhalten gilt. Die Vorgaben beziehen sich dabei auf die Art und Weise, aber auch die Höhe der Umzäunung. Abgesehen davon können Grundstücksbesitzer grundsätzlich, aber frei wählen, welche Umzäunung (Befriedung) sie möchten.

Die Abstandsregelungen gelten auch für Hecken. Hecken dürfen nicht direkt auf die Grundstücksgrenzen gepflanzt werden. Eine Hecke gilt nicht als Einfriedung, ist also kein Pflanzenzaun.
Auch hier hat jedes Bundesland seine eigenen Regelungen. Viele Bundesländer sehen allerdings dennoch eine Abstandsfläche von 1,5m vor.

Dachflächen und Grenzbebauung:

Für Dachflächen und Giebel, die sich an der Grenze befinden, wird der Winkel der Dachneigung einberechnet. Bei einem Winkel <70° gilt in den meisten Bundesländern der Faktor 1/3. Ist der Winkel >70°, gilt in den meisten Bundesländern der Faktor 1. In Brandenburg und Niedersachsen spielt der Neigungswinkel keine Rolle, hier wird das Dach generell mit Faktor 1 berechnet.

4. Ausnahmen bei Grenzbebauung

Welche Ausnahmen gibt es bei der Einhaltung von Abstandsflächen?

Unsplash: @ Cosmic Timetraveler

Keine Regel ohne Ausnahme. Das gilt auch bei der Grenzbebauung. Zum einen existiert die allgemeine Bauordnung, zum anderen gibt es die örtlichen Bebauungspläne, die vorrangig gelten. Sofern der Bebauungsplan eine Grenzbebauung gestattet, spielen Abstandsflächen keine oder nur mehr eine untergeordnete Rolle.

Ausnahme 1 – die Duldungspflicht 

Ein Haus wurde gebaut, dabei wurden die Abstandsflächen bzw. die Grenzlinien nicht beachtet. Diese Zuwiderhandlung wurde allerdings nicht absichtlich vorgenommen, auch ist dem Bauherrn keine Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Dann kann es sein, dass der Nachbar dies dulden muss. Allerdings kann er eine monetäre Entschädigung verlangen.

Ausnahme 2 – Bestandsschutz 

Wurde ein Gebäude zu einer Zeit erbaut, in der die Regeln noch andere waren, kann der Bestandsschutz in Kraft treten. Dann gelten die aktuellen Abstandsregeln nicht.

Ausnahme 3 – geschlossene Bebauung in Innenstädten 

Geschlossene Bebauung bedeutet, dass es sich um einen Häuserbau ohne seitlichen Grenzabstand handelt. Dies ist beispielsweise bei Doppelhäusern oder eben aneinander gebauten Gebäuden in Innenstädten der Fall. Zur geschlossenen Bebauung zählen neben den Doppelhäusern auch die Blockbebauung, Reihenhäuser und Mehrfamilienhäuser. Geregelt wird dies in §22 der Baunutzungsverordnung.

Ausnahme 4 – Gleiches Recht für alle

Eine weitere Ausnahme besteht darin, dass Ihnen das gleiche Recht zusteht, wie Ihrem Nachbarn. Damit ist gemeint, dass auch Sie die Erlaubnis haben, auf der Grenze bauen zu dürfen, wenn Ihr Nachbar bereits die Erlaubnis erhalten hatte. Werden zwei Wohnhäuser an der Grenze gebaut, oder sogar im Verbund, muss aus Brandschutzgründen zwischen den beiden Wohnhäusern eine Brandschutzwand eingefügt werden.

Praxis-Beispiel:

Der neue Nachbar hat festgestellt, dass die Abstandsflächen nicht korrekt sind und möchte dagegen vorgehen. Bei Privatpersonen gilt, sofern es sich um einen Schwarzbau handelt, eine Verjährungsfrist von 3 Jahren. Ist diese Zeit verstrichen, kann der Nachbar keine zivilrechtliche Klage mehr erheben. Die 3-Jahres-Frist gilt allerdings nicht für das öffentliche Recht. Gemeinden können deshalb auch viele Jahre später rechtlich gegen Schwarzbauten vorgehen.

5. Grenzbebauung als Baulast

Grenzbebauung als Baulast

Pixabay: @ Congerdesign

Die Grenzbebauung als Baulast stellt eine weitere Ausnahme dar. Diese kann eintreten, wenn die vorgeschriebenen Abstandsflächen bei der Bebauung auf dem eigenen Grundstück nicht eingehalten werden können, der Nachbar diese aber zur Verfügung stellen kann. Das bedeutet, dass der Abstand, der eigentlich von Ihnen eingehalten werden müsste, beim Nachbarn eingehalten wird.

Für dieses „Entgegenkommen“ darf der Nachbar dann eine sogenannte Abstandsbaulast aufnehmen. Der Nachbar übernimmt in einem solchen Fall die Einhaltung der vorgeschriebenen Abstandsflächen und duldet das Bauvorhaben. Gleichzeitig protokolliert er dieses Entgegenkommen schriftlich (mittels eines Formulars) bei der Bauaufsichtsbehörde, indem er eine Baulast aufnimmt und die gegenüber der Bauaufsichtsbehörde erklärt.

Neben der Abstandsbaulast gibt es auch noch die Anbaubaulast. Eine Anbaubaulast kommt dann zustande, wenn Sie etwa eine Garage an die Grundstücksgrenze bauen möchten. Möchte der Nachbar seinerseits bauen, kann er bei der Anbaubaulast dazu verpflichtet werden, direkt an die von Ihnen erbaute Garage anzubauen.

Die Baulast ist eine freiwillige Verpflichtung des Grundstückeigentümers, die er gegenüber der Baugenehmigungsbehörde anzeigt. Sie verpflichtet den Eigentümer zu einem bestimmten Tun, Dulden oder Unterlassen. Dabei ist die Baulast grundstücks- und nicht eigentümerbezogen. Das bedeutet, dass diese auch bei einem Besitzerwechsel bestehen bleibt. Auch verjährt eine solche Baulast nicht.

Die Vorteile dieser Regelung sind klar: so bauen können, wie man sich das vorstellt. Allerdings darf auch der Nachteil nicht unerwähnt bleiben. Durch eine Baulast dieser Arten, kann unter Umständen eine Wertminderung eintreten, da die Bebaubarkeit des Grundstücks eingeschränkt wird. Diese eingeschränkte Bebaubarkeit muss unbedingt im Auge behalten werden, da die Wertminderung erheblich sein kann.

6. Nachbarn stimmen der Grenzbebauung zu

Nachbar stimmt der Grenzbebauung zu

Pixabay: @ Athree23

Kommunikation ist und bleibt wichtig. Gerade auch bei der Bebauung von Grundstücken und der Einhaltung oder Unterschreitung der zulässigen Abstandsflächen. Selbst wenn im Grunde gegen eine Grenzbebauung nichts einzuwenden wäre, dürfen Sie die Nachbarn nicht vor vollendete Tatsachen stellen, denn dann kann der Nachbar gegen die Baugenehmigung Widerspruch einlegen. Grundsätzlich gilt der Satz: „Wer schreibt, der bleibt.“

Ein nettes Gespräch am Zaun mit einem gemurmelten „Okay“ des Nachbarn reicht nicht aus. Das Einverständnis des oder der Nachbarn muss schriftlich eingeholt werden und bestimmten Formalien entsprechen. Dazu gibt es Musterformulare, die entsprechend den individuellen Gegebenheiten auch mit einem persönlichen Erläuterungsschreiben ergänzt werden können.

Der Bauherr, der die Zustimmung des oder der Nachbarn benötigt, muss dabei nicht unendliche Geduld walten lassen. Nachbarn müssen sich binnen einer gesetzten Frist äußern bzw. dem Bauvorhaben zustimmen. Lassen Sie diese Frist verstreichen, kann die Baubehörde die Baugenehmigung auch ohne Zustimmung der Nachbarn erteilen.

Da jedes Bundesland seine eigenen Regeln hat, existiert hierzu nicht nur ein Formular. Einige Bundesländer/Städte bieten Muster und Vorlagen an, in denen man die notwendigen Angaben zum Nachbarn und zum Grundstück eintragen kann, in welchen die Baumaßnahmen genauer bezeichnet werden und die Ihnen dabei helfen, keine wichtigen Angaben zu vergessen. Viele Städte bieten online Musterformulare für die Nachbarzustimmung zum Bauantrag an. Auch das Emsland und Thüringen bieten einen Vordruck an.

7. Grenzbebauung ohne Baugenehmigung: Schwarzbau

Holen Sie sich keine Genehmigung ein, halten Sie sich nicht an die Abstandsflächen oder versäumen Sie es, mit Ihren Nachbarn zu sprechen, können Ihre Baumaßnahmen als widerrechtliche Grenzbebauung eingestuft werden. Sowohl die Gemeinde als auch die Nachbarn können in derartigen Fällen rechtliche Schritte gegen den Schwarzbau einleiten.

Ein Nachbar kann sich beim Bauamt erkundigen, wenn er Baumaßnahmen erkennt, die seiner Meinung nach gegen die Bauordnung verstoßen oder wenn er überzeugt ist, dass hier widerrechtlich Abstandsflächen nicht eingehalten wurden. Sollte sich die Vermutung bestätigen, wird das Bauamt den Grundstückseigentümer zum Rückbau oder Abriss verpflichten. Für derartige illegale Grenzbebauungen existiert auch keine Verjährungsfrist.

Eine widerrechtliche Grenzbebauung liegt vor, wenn:

      • der Mindestabstand zum Nachbarn unterschritten wird, ohne dass dieser zugestimmt hat.
      • bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine Baugenehmigung eingeholt wurde.
      • die Baugenehmigung nicht eingehalten wurde und man vom Erlaubten abweicht.
      • der Bebauungsplan für das Baugebiet nicht beachtet wurde.

Das hat doch in den letzten 20 Jahren niemanden gestört!

Bitte beachten Sie, dass ein Schwarzbau, der den genannten Kriterien nach widerrechtlich ist, auch dann keinen Bestandsschutz genießt, wenn er schon „ewig“ da ist. Selbst wenn sie diesen Bau im Grundbuch eintragen lassen oder eingetragen haben, ist er damit nicht legal. Ein widerrechtlicher Schwarzbau bleibt illegal. Die einzige Lösung würde darin bestehen, dass die Gemeinde schriftlich mitteilt, dass (doch) eine (wenn auch nur vorübergehende) Rechtmäßigkeit bestanden hat. Nur mit einer Rechtmäßigkeit des Baus kann auch der Bestandsschutz greifen.

8. Welche Abstandsflächen gelten in Bayern?

Diese Abstandsflächen gelten in Bayern

Pixabay: @ Ralph

Exemplarisch gehen wir hier, mit Sitz in Augsburg, nun auf die Abstandsflächen ein, die in Bayern gelten. Auch wenn man selten in mehreren Bundesländern gleichzeitig lebt oder baut, ist ein Überblick über die verschiedenen Regelungen in Bezug auf die Abstandsflächen sehr interessant. In Bayern gelten gemeinhin folgende Regelungen, die im §61 der bayerischen Bauordnung (BayBO §61) dargestellt werden:

      • Der Faktor zur Errechnung der Abstandsfläche beträgt in Bayern 1, in Kerngebieten 0,5.
      • Der Faktor für die Dach- und Giebelflächen beträgt bei Dachneigungen über 70° 1, in Kerngebieten 1/3.
      • Der einzuhaltende Mindestabstand beträgt 3m.

9. Grenz-Garage: Was gilt für bayerische Carports und Garagen?

Auch wenn beim Bau von Garagen keine Abstandsflächen eingehalten werden müssen, gibt es Regeln. Auch diese Vorschriften finden sich in der Bayerischen Bauordnung (BayBO). Je Grundstücksgrenze darf eine Garage gebaut werden. Die Garage darf mit maximal 9m an die Grundstückgrenze errichtet werden. Eine Garage kann ohne Genehmigung errichtet werden, wenn:

      • die Gesamtnutzfläche höchstens 50m², beträgt.
      • die Garage nicht im Außenbereich errichtet wird. Außenbereiche sind grundsätzlich freizuhalten. Hier sind nur sehr wenige Bauvorhaben zulässig und meist nur Vorhaben, die landwirtschaftlich notwendig sind. Zum Außenbereich gehören alle Flächen, die weder im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen noch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils.
      • die Garage innerhalb eines Bebauungsgebiets errichtet wird.
      • die Garage der Plankonformität

Auch wenn Sie der festen Überzeugung sind, dass ihre geplante Garage allen Kriterien entspricht, ist es sinnvoll eine Baugenehmigung einzuholen. Auch für genehmigungsfreie Bauten gelten die Vorgaben aus den relevanten Verordnungen. Zwar wird die Einhaltung der Vorgaben bei genehmigungsfreien Bauten von den Behörden nicht geprüft, sollte sich aber in Nachgang herausstellen, dass eine oder mehrere Regeln nicht eingehalten wurden, kann die Behörde die Nutzung der Garage untersagen oder den Rückbau fordern.

Da sie in jedem Fall die Gemeinde über den geplanten Bau einer Garage unterrichten müssen (Bauanzeige) und auch hier ein Bauantrag mit allen erforderlichen Unterlagen einzureichen ist, stellt dies im Grunde keine zusätzliche Belastung dar. Mit dem Bau Ihrer genehmigungsfreien Garage können Sie beginnen, wenn die Gemeinde nicht innerhalb von 4 Wochen ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren fordert, oder wenn die Gemeine mitteilt, dass kein Genehmigungsverfahren notwendig ist.

Wird eine Garage an der Grundstücksgrenze errichtet, werden Sie bzw. die beauftragte Baufirma auch das Grundstück Ihrer Nachbarn betreten müssen, um die Bauarbeiten sachgemäß zum Abschluss bringen zu können. Bei Bauarbeiten, die nur vom Nachbargrundstück aus möglich sind, muss der Nachbar das Betreten des Grundstücks dulden. Diese Regelung findet sich im Hammerschlags- und Leiterrecht.

10. Sie wollen die Grenze bebauen? So gehen Sie vor

In jedem Fall gilt, dass eine rechtliche und wasserdichte schriftliche Protokollierung und das Einholen sämtlicher notwendiger Zustimmungen unabdingbar ist.

      • Zunächst holen Sie sich bei einer geplanten Grenzbebauung das Einverständnis Ihrer Nachbarn ein. Zum einen schaffen Sie damit klare Verhältnisse, zum anderen gebietet es die Höflichkeit.
      • Sollte es um ein genehmigungspflichtiges Vorhaben handeln, müssen Sie zur Erlangung der Genehmigung bei der entsprechenden Behörde einen Bauantrag In diesem Bauantrag beantragen Sie die Befreiung von der Einhaltung der Abstandsflächen.
      • Spätestens jetzt werden Ihre Nachbarn/ihr Nachbar informiert. Der Nachbar kann nun Widerspruch einlegen. Wenn Sie bereits im Vorfeld mit Ihrem Nachbarn gesprochen haben, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass er dies tun wird.
      • Ganz ausgeschlossen ist es allerdings nicht, dass es sich ihr Nachbar nochmals anders überlegt hat. Legt er also Widerspruch ein (innerhalb eines Monats), erhalten Sie keine Genehmigung für ihr Bauvorhaben.
      • Versäumt er die Frist oder legt, eben weil Sie es vorher mit ihm besprochen hatten, keinen Widerspruch ein, erhalten Sie die Genehmigung der Baubehörde, ohne dass ihr Nachbar zustimmen muss.
      • Wenn auf Ihrem eigenen Grundstück der Platz für die notwendige Abstandsfläche gar nicht vorhanden ist und Sie dennoch bauen wollen, können Sie die bereits oben erwähnte Baulast für die Grenzbebauung aufnehmen.

11. Was tun, wenn der Nachbar die Abstandsfläche nicht einhält?

Anwalt für Baurecht bei Nichteinhaltung der Grenzabstände

Pixabay: @ Michael Gaida

Gute Nachbarschaft ist viel wert und erhöht den Wohlfühlfaktor des eigenen Zuhauses. Dennoch muss man nicht alles hinnehmen. Wie bereits beschrieben, ist eine nicht genehmigte Bebauung der Grenzen kein Kavaliersdelikt. Die Behörden können in derartigen Fällen den Abriss des Gebäudes verlangen. Tatsächlich kommt es aber immer auf den Einzelfall an. Dieser muss detailliert betrachtet werden.

Wie weit ein solcher Streit gehen kann und was passiert, wenn die Dächer zu hoch, die Dachneigung zu niedrig ist und wie erbittert Gemeinden hier vorgehen, zeigt der immer noch aktuelle Fall von 3 Einfamilienhäusern in Wolfratshausen, denen unter Umständen der Abriss droht.

Sie können Ihrem Nachbarn keinen Vorwurf machen, dass dieser die Abstandsflächen nicht einhält, wenn Sie selbst auf der Grenze eine Garage errichtet haben. Dann steht auch Ihrem Nachbarn dieses Recht zu. Aus optischen Gründen und gemäß den Richtlinien der Bauverordnung kann er sogar dazu angehalten werden, seine Garage nun direkt an Ihre Garage anzuschließen.

Wenn Sie nun aber vermuten, dass das, was der Nachbar da gerade auf seinem Grundstück bautechnisch veranstaltet, nicht genehmigt sein kann, oder wenn Sie gegen das geplante Vorhaben Ihres Nachbarn sind, sollten Sie sich in jedem Fall von einem Anwalt für Baurecht beraten lassen. Bevor Sie also Schritte gehen, die rechtlich nicht einwandfrei wären, oder ein Nachbarschaftsverhältnis aufgrund eines Missverständnisses vergiften, kann eine ruhige und kompetente Beratung sehr hilfreich sein.

12. Fazit: Grenzbebauung kann zur baurechtlichen Streitfrage werden

Da Bauvorhaben selten eine Nachmittagsaktion darstellen und ebenso häufig mit enormen Kosten verbunden sind, ist es für Sie wichtig, bezüglich der Bebauung ihres Grundstücks auf der sicheren Seite zu sein. Ob Bauherr oder Nachbar: Sollten Sie Probleme im Zusammenhang mit den Themen Grenzbebauung und Abstandsflächen haben, ist es sinnvoll, sich von einem Fachanwalt beraten zu lassen. Wir stehen Ihnen zur Seite. Kontaktieren Sie uns!

Sie haben Probleme im Zusammenhang mit der Abstandsfläche zum Nachbarn?

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