Einstellung eines Steuerstrafverfahren nach § 153 und § 153a StPO

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Die Konfrontation mit einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, insbesondere im Bereich des Steuerstrafrechts, stellt für viele Betroffene eine erhebliche Belastung dar. Die Aussicht auf eine öffentliche Hauptverhandlung und mögliche strafrechtliche Konsequenzen kann beängstigend sein. In bestimmten Fällen bietet die deutsche Strafprozessordnung (StPO) jedoch die Möglichkeit, ein Steuerstrafverfahren ohne Gerichtsverhandlung und ohne Eintragung einer Vorstrafe einzustellen. Dies geschieht insbesondere durch die Anwendung der § 153 StPO (wegen Geringfügigkeit) und § 153a StPO (gegen Auflagen). In diesem Beitrag erklären wir Ihnen verständlich und praxisnah, wie diese Regelungen funktionieren, wann sie angewendet werden können und welche Vor- und Nachteile sie mit sich bringen.
Inhaltsverzeichnis:
1. § 153 StPO: Die milde Lösung bei kleinen Fehlern
2. § 153a StPO: Die häufigste Lösung bei Steuerstrafverfahren
3. Folgen der Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO
4. Vorteile und Risiken der Einstellung nach § 153a StPO
5. Was ist der Unterschied zur Selbstanzeige?
1. § 153 StPO: Die milde Lösung bei kleinen Fehlern
Diese Vorschrift erlaubt es der Staatsanwaltschaft, ein Steuerstrafverfahren wegen Geringfügigkeit einzustellen – also wenn es sich um eine kleinere Verfehlung handelt und kein öffentliches Interesse an einer Verurteilung besteht.
Voraussetzungen:
- Vergehenstatbestand: Es muss sich um ein Vergehen und nicht um ein Verbrechen handeln. Die Abgrenzung zwischen einem Vergehen und einem Verbrechen richtet sich nach § 12 StGB: Danach handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, das im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind. Vergehen sind hingegen Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bedroht sind.
- Geringe Schuld: Die individuelle Schuld des Täters muss als geringfügig bewertet werden, d. h. die Einstellung des Verfahrens kommt nur bei Bagatellfällen in Betracht.
- Kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung: Es darf kein überwiegendes öffentliches Interesse an der strafrechtlichen Verfolgung bestehen – etwa weil die Tat bereits längere Zeit zurückliegt, es sich bei der Tat um einen Bagatellfall handelt oder der Täter bereits auf andere Weise zur Rechenschaft gezogen wurde. Auch bei geringer Schuld kann jedoch ein öffentliches Interesse gegeben sein, insbesondere wenn der Betroffene in der Vergangenheit wiederholt ähnliche Delikte wie Steuerstraftaten begangen hat.
- Zustimmung des Gerichts: In der Regel bedarf die Einstellung des Verfahrens der Zustimmung des zuständigen Gerichts. Eine Ausnahme gilt, wenn es sich um ein Vergehen handelt, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.
Diese Einstellung erfolgt ohne Auflagen, d. h. der Beschuldigte muss keine Geldzahlung leisten oder Kurse besuchen. In der Praxis kommt sie jedoch nur bei Bagatellfällen infrage.
Beispiel aus der Praxis:
Ein Steuerpflichtiger vergisst einmalig, eine geringfügige Nebeneinnahme in seiner Steuererklärung anzugeben, wodurch es zu einer minimalen Steuerverkürzung kommt. Angesichts der Geringfügigkeit der Schuld und des fehlenden öffentlichen Interesses könnte die Staatsanwaltschaft das Verfahren nach § 153 StPO ohne Geldauflage einstellen.
Wichtig: Diese Regelung wird nur bei sehr geringfügigen Delikten angewendet. Sobald größere Summen im Spiel sind oder ein Verdacht auf Vorsatz besteht, kommt sie nicht mehr infrage.
2. § 153a StPO: Die häufigste Lösung bei Steuerstrafverfahren

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Wenn die Schuld nicht mehr als gering, aber auch nicht gravierend ist, kann das Verfahren nach § 153a StPO gegen Auflagen oder Weisungen eingestellt werden. Diese Lösung ist in der Praxis die häufigste Form der Verfahrensbeendigung bei Steuerhinterziehung.
Voraussetzungen:
- Vergehenstatbestand: Bei der zur Last gelegten Tat muss es sich auch hier um ein Vergehen handeln, wohingegen bei einem Verbrechen eine Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO nicht möglich ist.
- Schwere der Schuld: Die Schwere der Schuld darf der Einstellung des Verfahrens nicht entgegenstehen. Zwar ist der Begriff der „Schwere der Schuld“ nicht eindeutig definiert, jedoch lässt sich festhalten, dass eine Einstellung nach § 153a StPO nicht auf bloße Bagatellfälle beschränkt ist. Auch bei ernsthafteren Tatvorwürfen kann sie unter bestimmten Voraussetzungen in Betracht gezogen werden.
- Öffentliches Interesse: Eine Einstellung des Strafverfahrens darf nicht erfolgen, wenn diesem ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung entgegensteht. In der Praxis spielt hierbei vor allem eine Rolle, ob der Beschuldigte bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Hat er in der Vergangenheit eine Verurteilung erfahren, wird die Staatsanwaltschaft in der Regel ein öffentliches Interesse an einer weiteren Strafverfolgung annehmen, sodass eine Einstellung des Verfahrens in solchen Fällen meist ausgeschlossen ist. Auch wenn in der Vergangenheit bereits Verfahren nach § 153 oder § 153a StPO eingestellt wurden, sind die Chancen auf eine erneute Einstellung erfahrungsgemäß eher gering.
- Zustimmung des Beteiligten: Für eine Einstellung nach § 153a StPO bedarf es der Zustimmung aller Verfahrensbeteiligten. Neben Staatsanwaltschaft und Gericht muss auch der Beschuldigte einverstanden sein, da ihm durch die mit der Einstellung verbundenen Auflagen und Weisungen konkrete Pflichten auferlegt werden. Anders als bei einer Einstellung wegen Geringfügigkeit nach § 153 StPO kann ihm eine solche Verfahrensbeendigung also nicht gegen seinen Willen auferlegt werden.
Typische Weisungen und Auflagen
- Zahlung einer Geldauflage an die Staatskasse oder eine gemeinnützige Organisation
- Wiedergutmachung des Schadens
- Teilnahme an steuerlichen Schulungsmaßnahmen
- Wiedergutmachung der Tat an den Verletzten (Täter-Opfer-Ausgleich)
Wichtig zu wissen: Die Geldauflage ist keine Strafe, sondern eine Bedingung für die Verfahrenseinstellung. Sie erscheint nicht im Führungszeugnis und ist damit beruflich und sozial unproblematisch.
3. Folgen der Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO
Die Einstellung eines Strafverfahrens nach § 153a StPO stellt eine Möglichkeit dar, ein laufendes Verfahren ohne Schuldfeststellung zu beenden – unter der Voraussetzung, dass Sie als Beschuldigter bestimmten Auflagen oder Weisungen nachkommen. In der Praxis bedeutet dies häufig die Zahlung eines Geldbetrags an eine gemeinnützige Einrichtung oder an die Staatskasse. Erst wenn Sie diese Auflagen innerhalb einer gesetzten Frist – meist sechs Monate – vollständig erfüllen, wird das Verfahren endgültig eingestellt. Damit gilt die Angelegenheit als erledigt, und Sie gelten aufgrund der Unschuldsvermutung als weiterhin nicht vorbestraft. Es erfolgt weder ein Eintrag im Bundeszentralregister noch taucht die Einstellung in einem Führungszeugnis auf. Auch strafrechtliche Nebenfolgen, etwa berufsrechtlicher Art, bleiben in der Regel aus.
Die Höhe der Geldauflage und die genauen Bedingungen für die Einstellung des Verfahrens sind jedoch in vielen Fällen Verhandlungssache. Eine feste gesetzliche Grundlage zur Berechnung der Auflage existiert nicht, was für Betroffene oft wenig transparent und nachvollziehbar ist. Sollten Sie mit der vorgeschlagenen Auflage oder der Frist zur Erfüllung nicht einverstanden sein, besteht die Möglichkeit, Gegenvorschläge zu unterbreiten – zum Beispiel unter Offenlegung Ihrer finanziellen Verhältnisse. Eine Verpflichtung zur Annahme Ihres unterbreiteten Gegenvorschlags durch die Staatsanwaltschaft besteht jedoch nicht. Wird das Angebot abgelehnt, kann es zur Beantragung eines Strafbefehls oder zur Anklage kommen – mit all den Risiken und Belastungen eines regulären Strafverfahrens. Auch ein späteres Verhandlungsangebot zur Einstellung ist dann oft schwieriger zu erreichen.
Gerade weil § 153a StPO viele Chancen, aber auch versteckte Fallstricke mit sich bringt, ist eine professionelle Beratung in jedem Fall empfehlenswert. Wir helfen Ihnen dabei, die für Sie richtige Entscheidung zu treffen – ob Annahme, Ablehnung oder Verhandlung über die Bedingungen. Unser Ziel ist es, Ihre rechtlichen Interessen bestmöglich zu schützen und unangenehme Überraschungen zu vermeiden.
4. Vorteile und Risiken der Einstellung nach § 153a StPO
Die Einstellung eines Steuerstrafverfahren gemäß § 153a StPO bietet sowohl dem Beschuldigten als auch der Justiz zahlreiche Vorteile, ist jedoch nicht frei von Risiken. Im Folgenden finden Sie die für Sie wichtigsten Vorteile und Nachteile zusammengefasst:
Vorteile:
- Kein Gerichtsverfahren notwendig: Das Verfahren wird nicht durch ein Urteil beendet, wodurch dem Beschuldigten ein langwieriges, teures und öffentlichkeitswirksames Gerichtsverfahren erspart bleibt.
- Unschuldsvermutung: Die Unschuldsvermutung bleibt bestehen, da die Einstellung kein Schuldeingeständnis darstellt.
- Bundeszentralregister bzw. Führungszeugnis: Es erfolgt keine Eintragung im Bundeszentralregister, sodass der Betroffene im Führungszeugnis nicht als vorbestraft gilt.
- Endgültiger Abschluss des Verfahrens: Die Erfüllung der auferlegten Bedingungen führt zur endgültigen Einstellung – selbst bei neuen belastenden Erkenntnissen ist eine spätere Strafverfolgung ausgeschlossen.
- Steuerliche Abzugsfähigkeit der geleisteten Geldauflage: Unter bestimmten Voraussetzungen können im Zuge einer Verfahrenseinstellung geleistete Geldauflagen sogar steuerlich absetzbar sein.
- Schneller Abschluss des Verfahrens: Die Einstellung des Strafverfahrens schafft frühzeitige Klarheit über die Rechtslage.
Risiken:
- Erfüllung einer Geldauflage oder Weisung: Die Festsetzung der Geldauflage ist oft wenig transparent und kann je nach Fallhöhe erheblich variieren, ohne dass feste Grenzen oder Begründungspflichten bestehen.
- Ungewissheit: Der Betroffene verzichtet mit Annahme der Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO auf die Möglichkeit, durch ein Urteil entlastet zu werden. Es bleibt die Ungewissheit bestehen, ob ein Freispruch möglich gewesen wäre.
- Wiederholungstat: Wird dem Beschuldigten später erneut eine Straftat vorgeworfen, ist eine nochmalige Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO in der Regel schwerer durchzusetzen.
- Zivilrechtliche Ansprüche: Unabhängig von der strafrechtlichen Erledigung können zivilrechtliche Forderungen wie Schadensersatz weiterhin bestehen bleiben.
5. Was ist der Unterschied zur Selbstanzeige?

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Eine Selbstanzeige gemäß § 371 AO kann – sofern sie rechtzeitig und vollständig erfolgt – zur vollständigen Straffreiheit führen.
Wurde der Fehler jedoch bereits von der Finanzverwaltung aufgedeckt und ein Steuerstrafverfahren eröffnet, ist eine wirksame Selbstanzeige nicht mehr möglich. In solchen Fällen bleibt häufig nur noch die Möglichkeit, über eine Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO zu verhandeln.
6. Warum ist eine professionelle Unterstützung so wichtig?
Als juristischer Laie ist es nahezu unmöglich einzuschätzen:
- Welche Einstellungsmöglichkeiten bestehen?
- Welche Auflagen sind angemessen?
- Kann ich auf eine Einstellung nach § 153 StPO oder § 153a StPO hoffen?
- Was passiert, wenn ich nicht einverstanden bin?
Ein spezialisierter Anwalt kann hier verhandeln, die Belastung minimieren und Strategien entwickeln, um das Verfahren bestmöglich zu beenden.
Tipp: Je früher der Anwalt eingeschaltet wird, desto größer sind die Chancen auf eine Einstellung des Verfahrens.
7. Fazit: Fehler passieren – das Strafrecht kennt Wege

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Ein Steuerfehler bedeutet nicht gleich das Ende Ihrer beruflichen oder persönlichen Integrität. Unsere Rechtsordnung bietet mit § 153 StPO und § 153a StPO faire Möglichkeiten, Verfahren diskret, schnell und ohne Verurteilung zu beenden.
Wenn gegen Sie ermittelt wird, handeln Sie nicht aus Angst, sondern mit Plan. Mit der richtigen Verteidigung kann ein belastendes Strafverfahren zur einmaligen Lehre werden – statt zur Katastrophe.
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